Die Torfkähne

Die Torfkähne des Teufelsmoores entstanden als passende Frachter für Torf nach Bremen in den engen und flachen Flüssen und Kanälen zwischen Teufelsmoor und Bremen. Daneben dienten sie aber auch für andere Fahrten wie Besuche bei Nachbarn, zur Kirche oder Hochzeit. Später wurde auch Vieh transportiert. Der Wasserweg war im Moor der einfachste.

Charakteristisch für Torfkähne ist der große offene Laderaum, der über die Seitenbirde hinaus hoch mit Torfquader-Blöcken beladen wurde (wie im Großen bei den heutigen Containerschiffen), das gedeckte Vorschiff mit einem engen, beheizbaren Übernachtungsraum darin, das braun gefärbte Luggersegel ca 12 m² am 6 m hohen Mast und das lange Ruderblatt, da der Kahn keinen großen Tiefgang haben darf. Seitenschwerter verhindern die Abdrift und ermöglichen eine Fahrt nach voraus. Der Torfschiffer fuhr sein Schiff alleine ohne weitere Besatzung.

 

Torfkähne wurden nach der Größe in „Hunt“ unterschieden. Ein Hunt war das aus England übernommene Bremer Torfmaß und entsprach 100 Körben, etwa 12 cbm.

Am häufigsten sind die 1/2 Hunt-Kähne, 9,6 Meter lang (+ Ruderblatt) und 1,5 Meter breit, mit 6 cbm Ladevolumen. Daneben gibt es noch den 1/4 Hunt und den Hunt.

 

Es gab aber auch größere Kähne bis 400 t Last in den breiteren Gewässern, besonders auf der Hamme bis Melchers Hütte. Dazu zählen die Eichenfahrer, das waren einerseits Bremer Schiffe mit geeichter Ladekapazität, andererseits aber auch Schiffe aus Eiche. Die bis zu 20 Hunt fassenden Schiffe der Torfhändler wurden Bockschiffe oder Böcke genannt. Kurze Zeit gab es auch holländische Schuten. Die Holländer sollten das Monopol der Bremer Eichenfahrer unterlaufen. Eine dieser Schuten und auch ein typischer Torfkahn befinden sich im Museum für Torfschifffahrt und Torfabbau in der Museumsanlage in Osterholz-Scharmbeck.

 

Heute fahren ca 29 Torfkahn-Nachbauten, 23 davon sind ½-Hunt-Kähne. Durch Bäume und Büsche am Ufer und zahlreichere Brücken als damals ist das Segeln stark eingeschränkt. An jeder Brücke muss das Segel mit dem Gaffelbaum eingeholt und der 50-60 kg schwere Mast gelegt werden, zu mühsam für heutige Büroarbeiter. Darum werden die heutigen Torfkähne, die hauptsächlich für Ausflugsfahrten eingesetzt werden, durch Außenbordmotoren angetrieben, womit den Fahrgästen auch die Übernachtung erspart bleibt.

 

Torf

 

Torf ist ein organisches Sediment, das in Mooren entsteht. Er entsteht aus nicht oder unvollständig zersetzter pflanzlicher Substanz und bildet die erste Stufe der Inkohlung. Getrocknet dient er als Brennmaterial.

 

In regelmäßig überfluteten Bereichen bildet sich zuerst ein Niedermoor aus. Torfmoos, das in nährstoffreichem Wasser wächst und am Ende der Wachstumsperiode abstirbt, fällt ins Wasser und wird mikrobiell abgebaut. Für diesen Prozess wird Sauerstoff benötigt. Ist dieser jedoch verbraucht, bevor die Pflanze vollständig zersetzt ist, bleibt ein Teil des Torfmooses erhalten. Über die Jahre baut sich allmählich ein Torfkörper auf. Wächst das Niedermoor aus dem ständig nassen Bereichen heraus, bekommt das Torfmoos sein Wasser vermehrt aus nährstoffarmen Niederschlägen. Daraus bildet sich ein Hochmoor, das man auch an der helleren Farbe erkennt.

 

Bei Hochmoortorfen unterscheidet man nach dem Grad der Verdichtung und dementsprechend nach dem Heizwert. Die Variation reicht vom oben liegenden Weißtorf über den Brauntorf bis zum Schwarztorf ganz unten. Der helle Weißtorf lässt die Struktur der Pflanzen noch deutlich erkennen, bei weiterer Zersetzung entsteht der homogene, mit bloßem Auge strukturlose erscheinende Brauntorf oder auch Bunttorf genannt. Je tiefer die Schichten eines Torflagers, desto älter sind sie und durch den größeren Druck in der Zersetzung weiter fortgeschritten.

 

Wirtschaftliche Nutzung des Teufelsmoores


Torf war bis ins 20. Jahrhundert wichtiges Heizmaterial und darum der wichtigste Erwerb für die Bauern, die ihn im nahegelegenen Bremen verkauften. Im Frühjahr und Sommer wurde im Moor der Torf gestochen, im Sommer wurde er getrocknet und im Spätsommer bei Wind und Wetter mit den Kähnen zur Winterversorgung nach Bremen geliefert.

 

Man schätzt, dass allein die Bewohner der Stadt Bremen in der Zeit von 1700 bis 1950 ca. 160 Millionen Kubikmeter Torf verbrannten. Das nahm einen solchen Umfang an, dass Ende des 19. Jahrhunderts in Bremen das Heizen mit Torf zeitweise verboten wurde, weil an Wintertagen die Luftbelastung (Smog) manchmal unerträglich wurde. 1880 zählt Bremen etwa 100.000 Einwohner. Die Kohle mit ihrer höheren Energiedichte begann, den Torf zu verdrängen, als Ludwig Franzius 1888 die Unterweser auf fünf Meter ausbaggern ließ und den Freihafen auf der Stephaniekirchenweide angelegte, so dass Bremen wieder Seehafenstadt für tiefgehende Schiffe wurde.

 

Durch den Abbau des Torfkörpers und die Entwässerung haben sich auch die klimatischen Bedingungen wesentlich verändert, und Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Milchviehhaltung ausgeweitet.

Bis heute wird die unwiederbringliche Zerstörung des Moores durch Torfabbau weiter betrieben. „Meliorationen“ wie Drainierungen, Tiefumbruch und Flussregulierungen sollen den Ertrag der Landwirtschaft steigern und ermöglichen auch Ackerbau, meist zum Anbau von Silomais als Futtermittel. Inzwischen fallen die Gräben im Sommer trocken, Moorbrände entstehen und bei anhaltender Trockenheit muss zum Teil künstliche Bewässerung eingesetzt werden.

 

In den 1990er Jahren begann ein Umdenken zur Landnutzung, und im Zuge der Diskussion um die Globale Erwärmung ist der Wert von Mooren als CO2-Speicher gegen den Treibhauseffekt erkannt worden. Inzwischen wird in Norddeutschland bei mehreren ehemaligen Mooren mit Flächenstilllegungen, Wiedervernässungen und Torfmoos-Ansiedelung versucht, die Landschaft zu erhalten. Das Moor in seiner ursprünglichen Form ist heute aber nicht mehr vorhanden. Moor braucht für seine Entstehung Jahrtausende, es wächst nicht einfach nach. Reste sind zwar noch sichtbar (Torfrücken nicht abgetorfter Flächen), deren Renaturierung ist wegen der Höhenlage aber schwierig. Die Trockenheit fördert die Mineralisation des Torfkörpers und ermöglicht das Aufkommen von Gehölzen (zum Beispiel ist die Moorbirke eine Pionierpflanze). Inzwischen sind auf diesen Flächen viele kleinere Ersatzstrukturen entstanden.

 

Die Geschichte des Teufelsmoores ist daher ein besonderes Beispiel der Kulturtätigkeit des Menschen und seines Überlebenswillens, aber auch des Einflusses und der Folgen dieser Kulturtätigkeit.

 

Torftransport

 

Der Torf wurde auf den Kanälen bis in die verschiedenen Torfhäfen verschifft, nach Walle, Gröpelingen, Vegesack und Bremen-Findorff (früher dort mit bis zu 1,8 km, heute 300 m Kailänge). In den ersten Jahren wurde der Transport von den Sammelstellen (z. B. bei Melchers Hütte) durch die größeren Schiffe der Eichenfahrer durchgeführt. Als der Gewinn für die Moorbauern durch die Zwischenhändler und deren Handelspraxis immer geringer wurde, lohnte sich für sie auch der direkte Transport bis nach Bremen. Bremen war von Worpswede mit dem Torfkahn in zirka drei bis vier Tagen durch die damals unbegradigte Hamme, die Lesum und Wümme erreichbar. Jeder Kahn fuhr 30 bis 40 mal zwischen Juli und Oktober. Die Ritterhuder Schleuse wurde in ihrem Eröffnungsjahr von fast 9000 Torfkähnen, 65 Bockschiffen und 81 Kähnen passiert, im Herbst bis zu 500 Einheiten täglich.

 

Bis 1826 wurden im Teufelsmoor zusätzlich zu den Flüssen 60 namentlich benannte Erschließungskanäle gebaut.

 

Da die Kanäle nur durch das Moor gespeist wurden, führten sie nicht immer genug Wasser. Deshalb mussten die Moorbauern sich sogenannte "Schütte" einbauen, mit denen das Wasser gestaut wurde. Im "Heiser Kanal" gab es 18 Schütte. Bis zur Einmündung in die Lune waren 38 Schütte zu überwinden. Die Schütte zwangen die Schiffer, im Konvoi zu fahren, da sie nur morgens und abends geöffnet wurden, und dann nur kurzzeitig über einen kleinen Wasserfall passiert werden konnten.

1861 wurden die Schütte durch Klappstaue ersetzt. Dabei wurden statt fester Schotten Klappen verwendet aus Tannenstäben, die mit Leder gelenkig verbunden waren. Diese Klappen neigten sich dem Wasserdruck entgegen, bogen sich aber beiseite, wenn ein Kahn sie berührte, und schnellten sofort wieder hoch, wenn der Kahn vorbei war. Reste von Klappstauen gibt es noch im Giehlenermoorer Schiffgraben.

Es gab auch Stellen, an denen die beladenen Torfkähne über Land zu ziehen waren, wenn beim Übergang von einem Kanal in den anderen ein Deich überwunden werden musste.

 

Später wurde als Abkürzung die sogenannte Semkenfahrt „gestochen“, so dass sich die Fahrt auf ein bis zwei Tage reduzierte.

 

Bei den häufigen ungünstigen Westwinden wurde der beladene Kahn in Richtung Bremen meistens getreidelt, gestakt oder gewriggt (eine flossenähnliche Bewegung mit einem langen „Stechpaddel“), das Segel konnte meist erst auf der Rücktour gesetzt werden. Mit den Seitenschwertern konnten dann auch die meisten Kurven unter Segel gefahren werden. Die kleinen Kanäle, die bis an die Hofstellen heranführten (Es gibt Scheunentore, die direkt am Kanal liegen) wurden mit dem „Stechpaddel“ gestakt. Dazu war die Blattkante mit Stahl, die Ecken teils auch mit Stahlspitzen verstärkt.

 

1891 wurde von Johann Reiners, dem Vorsitzenden des landwirtschaftlichen Vereins Lilienthal, der Bau einer Eisenbahn durch die Moorgebiete angeregt zum Transport von Torf, Holz, Getreide, Kunstdünger, Kohlen und auch Luxusgütern. Besonders aber der Ausflugsverkehr war beachtlich. Bereits am ersten Sonntag nach der Betriebseröffnung am 4. Oktober 1900 zählte man 4000 Fahrgäste. Auch Berufstätige und Schüler pendelten zwischen den Moordörfern und Bremen; Hausfrauen fuhren zu Einkäufen in die nahegerückte Stadt. Im Gegenzug kamen am Wochenende die Bremer mit der "Jan-Reiners-Bahn" auf's Land.

Im Güterverkehr blieben die Erfolge jedoch hinter den Erwartungen zurück und konnten die Torfkahnfahrt nicht völlig ersetzen. Dies lag vor allem daran, dass im Übergabebahnhof Utbremen alles auf die Wagen der Staatsbahn mit anderer Spurgröße umgeladen werden musste. 1956 wurde der Betrieb eingestellt und aus der Trasse später ein Wanderweg.

 

Torfschifffahrt

 

Die genaue Zahl von Kähnen zur Blütezeit der Torfschifffahrt lässt sich nur noch grob schätzen. Es wird von 1700 Torfkähnen im Bereich des Teufelsmoores berichtet.

Die Hochzeit der Torfschifffahrt war Ende des 19. Jahrhunderts. Um 1880 kamen jährlich etwa 25.000 Schiffsladungen Torf in Bremen an, teilweise ist an einigen Stellen die Rede von 35.000 Schiffsbewegungen pro Jahr. 5000 bis 6000 davon (30.000 bis 36.000 m³) wurden über die Kanäle der Semkenfahrt in die Stadt transportiert

Augenzeugen berichten aber noch aus der Nachkriegszeit von vollen Torfkahnhäfen. Heute existieren die meisten Torfkahnhäfen nicht mehr. Auch die Kanäle wurden in den 1960er und 1970er Jahre zugunsten von Straßen zugeschüttet oder zumindest erheblich im Querschnitt verkleinert, so dass sie nur noch als Wasserabzugsgräben übrig blieben. Die heute befahrbaren Strecken sind nur noch ein kleines Abbild der alten Verbindungen. Eine Wiederbelebung von Stecken (wie z. B. des Hamme-Oste-Kanals), wie sie in Teilen der Niederlande erfolgt, ist aus Naturschutzgründen nicht zu erwarten.

 

Teufelsmoor

 

Das Teufelsmoor gehört heute in Teilen zu den Gemeinden Ritterhude, der Stadt Osterholz-Scharmbeck, der Samtgemeinde Hambergen, sowie den Gemeinden Grasberg, Lilienthal und Worpswede.

 

Es liegt in dem eiszeitlichen Schmelzwassertal der Hamme und erstreckt sich über rund 500 km². Die Wümme und ihr Nebenfluss Wörpe entwässern den südlichen Teil der Region. Das Gebiet wird westlich von der Osterholzer Geest (dem südlichen Teil der Wesermünder Geest) und östlich von der Zevener Geest begrenzt. Am Nordende bei Karlshöfen treffen sich die beiden begrenzenden Geestrücken und bilden ein Joch in der Geestlandschaft. An dieser Stelle befand sich ein eiszeitliches Gletschertor, an dem das Urstromtal seinen Ausgang nahm. Als der Gletscher vor ca. 130.000 Jahren abschmolz, spülten gewaltige Wassermassen den sandigen Untergrund aus.

 

Das Teufelsmoor ist ein von Niederschlagswasser gespeistes Hochmoor, das in der Nähe der Flussläufe in Niedermoor übergeht. Die ältesten Stellen in Grasberg weisen Torfkörper von elf Meter Tiefe und mehr auf.

 

In den nachfolgenden Jahrtausenden hatte sich wieder eine Vegetationsdecke gebildet, diese wurde jedoch sehr wahrscheinlich von der Gletscherschmelze der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren weggespült. Im Zuge weiterer Erwärmung stieg der Meeresspiegel an, und die Fläche des Teufelsmoores vernässte immer weiter, und es bildeten sich zugehörige Pflanzen. Daraus entstanden die ersten torfbildenen Schichten.

 


 

Kolonisierung des Teufelsmoores

 

Das Teufelsmoor mit dem Teufel eigentlich nichts zu tun. Der Begriff wurde verteufelt aus der plattdeutschen Beschreibung „doves Moor“, d.h. ein taubes, unfruchtbares Land. Das Land zwischen Elbe und Weser bestand weitgehend aus feuchten Wiesen, Mooren, Sümpfen, Tümpeln und Seen machten, nur die Geestgebiete boten sich als Siedlungsraum an.

 

Die Besiedlung des Teufelsmoores begann darum erst spät. Im Mittelalter wagte es eine Handvoll verwegener Bauern, in die unfruchtbare Einöde hinaus zu ziehen. Am Fuße des Weyerberges wurden 1218 erstmals wenige Höfe erwähnt. Mitte des 16. Jahrhunderts wurden ganze acht Siedler gezählt.

 

Erst im 17. Jahrhundert wurde es Ziel des Kurhannoverschen Amtes, die Wirtschaftlichkeit seiner Moorgebiete durch Kultivierungsarbeiten zu verbessern. Dazu mussten Menschen dort angesiedelt werden, die mit ihrer Hände Arbeit Ackerbauflächen schufen. Die Besiedlung begann über die Wasserwege der Hamme, Wörpe und Wümme, denn an Land angelegte Wege waren meist nur „gesandete“ Wege und kaum mit Fuhrwerken befahrbar.

 

Entscheidend wurde die Kolonisation durch den Einsatz von Jürgen Christian Findorff (1720–1792) vorangetrieben. Der Stadtteil Findorff – auch Findorffviertel genannt – hat seinen Namen von ihm.

 

Findorff wurde in Lauenburg an der Elbe geboren als Sohn des Rats-Tischlers Hinrich Möller, der sich später Findorff nannte. Er erlernte zunächst bei seinem Vater das Tischlerhandwerk und übernahm mit 19 Jahren die Werkstatt des Vaters. Daneben brachte er sich Kenntnisse im Zeichnen und in der Landvermessung bei, die er praktisch so weit vertiefte, dass die hannoversche Regierung auf Findorff als Geodät aufmerksam wurde und der hannoversche Landbaumeister für seine weitere Ausbildung in Wasserbau und Landvermessung sorgte.

 

Findorff begeisterte sich für die Besiedlungsinitiative der hannoverschen Regierung und erhielt vom englisch-hannoverschen König Georg II. 1751 den Auftrag, das Gebiet systematisch zu vermessen und Dörfer und Entwässerungsgräben anzulegen, teilweise gleich als Grenzlinien zu den einzelnen Grundstücken, und er führte sie in schiffbaren Kanälen zusammen. Neben den Kanälen wurden Dämme aufgetragen, die zum Treideln und zur Erschließung der einreihig angelegten Straßendörfer dienten, nach dem Vorbild der Fehngebiete. Vom Damm aus wurden die schmalen und sehr langen Landstücke (Hufen) ins Moor hinein bearbeitet. Noch heute sind diese Reihendörfer in Grasberg und Worpswede gut zu erkennen.

 

Findorff stellte Richtlinien zur Entwässerung, Einteilung und Bebauung des Bodens auf. Er übernahm persönlich die Auswahl der Siedler nach harten Kriterien für das unwegsame Moorland. „Säufer, Prozessgänger und Arbeitsscheue“ hatten keine Chance, eine Hofstelle zu bekommen. Die Siedler waren einfache Knechte und Mägde aus der Umgebung, die sich mit der Aussicht auf eigenes Eigentum und Befreiung von Steuern und Militärdienst bewarben. Eine gesunde Frau, viele Kinder und den Besitz einer Kuh forderte Findorff als Voraussetzung, die ein Siedler mitbringen musste. Die Siedler waren einfache Knechte und Mägde aus der Umgebung, sie bewarben sich mit der Aussicht auf Landeigentum sowie Befreiung von Steuern und Militärdienst. Die Lebensbedingungen waren noch weit bis in das 20. Jahrhundert nur für Maler malerisch. Die Realität wird zusammengefasst im Spruch „Den Eersten sien Dood, den Tweeten sien Noot, den Drüdden sien Broot“. Der Moorboden eignete sich kaum für Landwirtschaft, so dass die Torfgewinnung die Haupteinnahmequelle war. Die Behausungen bestanden anfangs lediglich aus zusammengestellten Birkenzweigen, die mit Torf bedeckt wurden. Aber auch in den späteren dunklen und feuchten Moorkaten war die Lebenserwartung gering. Vielleicht auch wegen dieser Bedingungen wurde aus „doves Moor“ das Teufelsmoor.

 

Der typische von Findorff festgelegte Hof besaß 50 Morgen Acker plus 15 Morgen Weide und Torfstichfläche. Ein Morgen ist das alte bis etwa 1900 verwendete Flächenmaß, ursprünglich die Fläche, die mit einem einscharigen Pferde- oder Ochsenpflug an einem Vormittag pflügbar war.

 

Findorff verpflichtete die Moorbauern auch, die Kanäle zu pflegen und zu unterhalten. Die Bauern, aber auch einige kleine Werften, bauten passende Torfkähne um die Kanäle als Verkehrsnetz zu nutzen.

 

Zwischen 1750 und 1782 entstanden so um Ottersberg und Osterholz 36 Dörfer mit 722 Höfen und 3000 Bewohnern. Damit wurde systematisch massiv in die Natur eingegriffen und Millionen von Kubikmetern Torf gestochen.

 

Findorffs Anerkennung beruhte offenbar darauf, dass er den richtigen Weg zwischen Dirigismus und Fürsorge gefunden hatte. Zwar forderte er in dem von ihm verfassten Moorkatechismus die Bereitschaft zu größtem Arbeitseinsatz, den das Leben im Moor erforderte, gab aber auch Hilfestellung bei technischen Problemen, wie z.B. beim Anlegen von Gräben (2 Fuß tief = ca. 50 cm) und Grüppen (1 Fuß tief). Auch erhielten die Siedler Vorschüsse, damit sie Häuser und Kähne bauen konnten. Überliefert ist, dass er stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Moorbauern gehabt haben soll, so dass sie sich jederzeit an ihn wenden konnten. Sein Ziel war offensichtlich nicht, die Menschen auszubeuten, sondern mit den Menschen das Moor auszubeuten.

 

1771 wurde Jürgen Christian Findorff durch eine Urkunde von Georg III. zum offiziellen Moorkommissar ernannt. Georg III. war nach dem Tod seines Großvaters König Georg II. im Jahr 1760 König von Großbritannien und Irland sowie Kurfürst von Hannover und damit deutscher Reichsfürst geworden.

 

Bis zu seinem Tod 1792 gründete Findorff auf 140 km² Moorland ca 50 neue Dörfer. Er war am Bau des Hamme-Oste-Kanals (1769–1790) und des Oste-Schwinge-Kanals (ab 1772) beteiligt, und er leitete den Bau der Worpsweder Zionskirche (1757–1759), außerdem entwarf und baute er die Kirchen in Grasberg (1781–1789) und Gnarrenburg (1784–1790). Darüber hinaus war er für den Bau von Mühlen, Brücken und Rathäusern verantwortlich.

 

Die Moorbesiedlung blieb aber kein friedvolles Unternehmen. Das Land reichte nicht für alle, als Scharen landhungriger Siedler nachdrängten - zum Missfallen der eingesessenen Bauern, die sich in blutigen Kämpfen zu wehren suchten. Wer statt Torfabbau die Bestellung des Landes versuchte, hatte es noch schwerer. Der Boden war karg und fruchtarm, Hochwasser machte die Hoffnung auf Ernte oft zunichte. Schnell wurden die Hofflächen zu klein, um eine Familie zu ernähren, Armut breitete sich aus. Die Natur zeigte sich unbezähmbar und verteilte keine Reichtümer. Viele der Siedler waren gezwungen, das Land wieder zu verlassen.

 

 

Torfkahn-Unglück vom 13.08.2008

 

Zunächst zum Resumee der gerichtlichen Untersuchung zum Unglück: Torfkähne sind sicher und für die Personenbeförderung geeignet.

 

Die Ursache des Unfalls waren eine zu geringe Freibordhöhe am Motor-Schott und der Persenning-Aufbau. Seitdem werden eine verbleibende Mindesthöhe bei vollbeladenem Schiff von 15 cm am Motorschott verlangt, und jegliche Aufbauten sind verboten. Mit einem Krängungstest wurde eine ausreichende Kenter-Stabilität nachgewiesen.

 

Der damalige Betreiber und der Skipper wurden zu einer Haftstrafe von 1 Jahr bzw. 8 Monaten auf Bewährung verurteilt, weil sie es versäumt hatten, die Sicherheit des Schiffes ausreichend zu prüfen.

 

Unfall-Hergang: Auf dem Rückweg einer Hammefahrt mit 17 Seniorinnen schwappte Wasser über das Heck ins Schiff. Der Skipper gab Gas, um schnell die nahe Anlegestelle zu erreichen, dadurch strömte das Wasser noch schneller über das zu niedrige Motorschott.

Als der Kahn an der Anlegestelle bereits festgemacht war, standen die Landfrauen panikartig gleichzeitig auf, um das Schiff schnellstens zu verlassen. Dadurch kenterte der Kahn am Anleger. Zwei der Landfrauen wurden vom dem Persenningaufbau in einer Luftblase unter Wasser gedrückt, eine der Frauen verhakte sich vermutlich in der Persenning und ertrank.

 

 

Wasserstraßen der Torffahrt

 

Findorffer Torfkanal

 

Auf der Westseite des Bürgerparks liegt der zwischen 1817 und 1826 angelegte, zirka 3,5 km lange Torfkanal, der am Torfhafen Findorff endet.

Gefordert vom Senat war eine Wassertiefe 8 - 9 Fuß (1 Fuß=rund 0,3 m, d.h. ca 2,5m), Breite 18 – 20 Fuß (ca 5,5m). Geplant war der Kanal zunächst entlang der Hemmstraße, 1818 wurde dann aber beschlossen, ihn entlang der Bürgerweide zu bauen.

 

Ein neues Hafenbecken (Theodor-Heuss-Allee) wurde 1847 gebaut. Der Torfhafen – das Torfbassin – wurde 1873 zwischen Eickedorfer-/Neukirchstraße verlegt. Das Bassin war mit Backsteinen verkleidet, von 22 auf 30 m verbreitert, auf 1,2 m vertieft, von 868 auf 1062 m verlängert, beiderseits durch Straßen erreichbar. Gesamtkosten 475.000 Mark, veranschlagt waren 100.000 weniger.

 

Kuhgraben

 

Der Kuhgraben verläuft von der Wümme bei Kuhsiel querab zur kleinen Wümme an der Nordostecke des Bremer Stadtwaldes. Er wurde 1288 angelegt zur landwirtschaftlichen Erschließung als Entwässerungsgraben und Transportweg.

 

Der Name kommt nicht von Kuh, sondern ist eine Verballhornung von Gaugraben und weist auf seine Bedeutung als Grenzlinie zwischen dem nordwestlich wümmeabwärts gelegenen Blockland und dem südöstlich gelegenen Hollerland hin. In vorindustrieller Zeit war er mehr als doppelt so lang und führte im Verlauf der heutigen Parkallee weiter in Richtung Stadtzentrum, wo er Anschluss an den Dobben hatte, der seinerseits am Südende des Sielwalls durch ein Siel mit der Weser verbunden war. In der Nähe der Verknüpfung von Kuhgraben und Dobben befand sich einer der Bremer Torfhäfen.

Bevor die Schleuse Kuhsiel gebaut wurde, mussten die Kähne hier über den Wümmedeich gezogen werden. Heute gibt es dort eine maschinell angetriebene Selbstbedienungsschleuse.

 

 Kleine Wümme

 

Bereits seit dem 12. Jahrhundert wurde die Kleine Wümme durch Landwirtschaft, später Wohnbebauung stark verändert, z.T. zur Kanalisation, z.T. wurde sie verlegt.

 

Sie entsteht heute aus dem Holter Fleet bei der Sebaldsbrücker/Osterholzer Heerstr., führt ab dem „Haus am Walde“ am Stadtpark entlang und mündet bei Dammsiel in die Wümme.

 

Bei starken Regenfällen, die die Bremer Kanalisation überfordern, fließt nur mechanisch gereinigtes Misch-Abwasser in Kleine Wümme, dessen Schadstoff-Abbau Sauerstoffgehalt und Fisch- und Kleintierbestand belastet.

 

Gehrken-Stau: So nennt sich eine bewegliche Stauklappe und Schleuse am Anfang der Hemmstr., die 1990 angelegt wurde und den vorherige Stau mit Schleuse von 1936 ersetzt und 650m weiter abwärts liegt.

Damit wird automatisch der Wasserstand reguliert und verhindert, dass Misch-Abwasser aufwärts bis in den Kuhgraben gelangt

Die Schleuse ist eine manuell betriebene Selbstbedienungsschleuse.

 

Wümme

 

Die 118 km lange von Osten kommende Wümme speist gemeinsam mit der von Norden kommenden Hamme die Lesum, die nach weiteren 10 km in die Weser mündet. Die Quelle der Wümme liegt im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide.

Ab der Franzosenbrücke in Borgfeld (km 0,00) bis zum Zusammenfluss mit der Hamme (km 18,53), dem Tidenbereich, gilt die Seeschifffahrtsstraßenordnung.

 

Hamme

 

Die Hamme ist der 48 km lange, rechte bzw. nördliche Quellfluss der Lesum.

 

Sie ist im Nordosten bei Bremervörde durch den Hamme-Oste-Kanal mit der Oste verbunden, entwässert das Teufelsmoor zwischen Worpswede und der Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck und wird bei Ritterhude gemeinsam mit der Wümme zur Lesum, die bei Vegesack in die Weser mündet.

 

Die Hamme ist niedersächsisches Landesgewässer und unterliegt damit nicht den Vorschriften für Bundeswasserstraßen, sondern einer Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über die Schifffahrt auf der Hamme. Danach ist zum Führen eines Wasserfahrzeugs mit mehr als 5 PS der Sportbootführerschein See oder Binnen erforderlich.

 

Ab der Ritterhuder Schleuse bis zur Mündung in die Lesum ist die Hamme Tidegewässer.

 

Am Abzweig des Osterholzer Kanals liegt die Ausflugsgaststätte Tietjens Hütte.

1894 kaufte Kahnschiffer Hinrich Tietjen an der Hamme eine Holzhütte mit Fußboden, Tisch und 5 Bänken vom Schänkwirt Wilhelm Müller, die im Sommer für die Kahnschiffer bewirtschaftet wurde. Im Winter musste sie wegen Hochwasser und Eisgang jeweils abgebaut werden. Daraus entstand die heutige Ausflugsgaststätte.

 

Semkenfahrt

 

Mit Semkenfahrt werden verschiedene Abkürzungswege im Kanalsystem zwischen dem Teufelsmoor und Bremen bezeichnet. Namensgeber waren vermutlich die Eigentümer des Gebietes, durch den die Kanäle führten: Eine Fahrt durch das Gebiet der Semkens.

 

1. Die „Alte Semkenfahrt“ wurde angelegt im 18. Jahrhundert von Tüschendorf zwischen Worpswede und Tarmstedt nach Südwesten in einem Bogen südlich um Worpswede und den Weyerberg herum, bei Worpheim weiter nach Nordwesten am Campingplatz Waakhausen vorbei und zwischen Neu Helgoland und Melchers Hütte bei der Eisenbahnbrücke in die Hamme. Der Kanal ist heute nur noch auf einer kurze Strecke für Paddelboote schiffbar.

 

2. Der Semkenfahrtkanal wurde angelegt Ende des 19. Jahrhunderts als Abkürzung von der Alten Semkenfahrt bei Worpheim durch das St. Jürgensland bis zur Wümme zum heutigen Ausflugslokal „Zur Schleuse“.

 

3. Die „Neue Semkenfahrt“ (zunächst Neuer Torfkanal genannt) ist 3,4 km lang wurde angelegt nach 1888 beginnend am südlichen Wümmeufer an der Grenze zwischen dem Ober- und dem Niederblockland beim heutigen Ausflugslokal Gartelmann’s Gasthof bis zur Kleinen Wümme etwa bei der heutigen Autobahnabfahrt Überseestadt. Von dort aus gelangten die Kähne nach einem kurzen Stück auf der Kleinen Wümme dann über den Torfkanal zum Torfhafen in Findorff.

Da diese kurze Verbindung also vom Torfkanal am Bürgerpark zum Semkenfahrtkanal führte, entstand im verkürzten Sprachgebrauch die Bezeichnung Semkenfahrtkanal auch für den Torfkanal.

 

Um über den Wümmedeich zu kommen, gab es ursprünglich eine Schiffsüberzuganlage mit Winde. Zur Versorgung der Torfschiffer, die an diesem Engpass bisweilen in übernachten mussten, wurde 1868 ein Gasthof eröffnet, der sich später zu einem beliebten Ausflugslokal entwickelte. 1902 wurde der Schiffsüberzug durch eine Schleuse ersetzt.

 

An dieser Neuen Semkenfahrt befindet sich seit den 1960er-Jahren die oft selbst als Semkenfahrt titulierte Natur-Eisfläche des Bremer Eisvereins, und so kann man bekanntermaßen auf der Semkenfahrt eislaufen, obwohl sie’s gar nicht ist.

 

 

Tüschendorf

 

Worpheim

 

 

http://kriethmo.npage.de/

Hier ein Link zu Presseberichten der Torfkahnarmada 2017

Hier ein Bericht von Thomas Hinzen 20 Jahre Torfkahnarmada 2017